Die Polarisationsmikroskopie wartet mit einer ganzen Reihe unterschiedlichster Herausforderungen auf, wenn es um die Entwicklung automatisierter Workflows für die Probendigitalisierung geht. Diese einzigartigen Herausforderungen entstehen, allgemein gefasst, aus der Orientierungsabhängigkeit und lassen sich mit einer Kombination aus spezialisierter Ausrüstung, Automatisierung, Bildverarbeitung und Machine-Learning-Analyseverfahren bewältigen. In dieser Technology Note erhalten Sie einen Überblick über diese hochmodernen Technologien als Antwort auf die verschiedenen Herausforderungen, wie u. a. die automatisierte Mehrkanalaufnahme, motorisierte Polarisatoren/Analysatoren und die Zirkularpolarisation. Außerdem erfahren Sie, wie diese Techniken in die Mikroskopieplattformen von ZEISS integriert sind, u. a. in die Digitalisierungsplattform Axioscan 7.

Einführung

Die Polarisationsmikroskopie eignet sich für die unterschiedlichsten Anwendungsbereiche, von der Analyse von geologischem Material bis hin zu Knochenproben. Herkömmliche Durchlicht- Mikroskopiesysteme bestehen aus zwei gekoppelten Polarisatoren, die in einem Winkel von 90 Grad zueinander angeordnet sind. Der Polarisator unter der Probe wird dabei weiterhin als „Polarisator“ bezeichnet, der andere über der Probe dagegen als „Analysator“. Die Probe wird dann so auf einem drehbaren Probentisch fixiert, dass die Rotation um die optische Achse des Systems erfolgt. So kann der Analytiker die sogenannte „Doppelbrechung“ beobachten, also eine Farbverschiebung in einer kristallografischen Probe im Zusammenhang mit der relativen Phasenverzögerung der schnellen und langsamen Strahlen. Beim Eintritt in die Probe teilt sich das polarisierte Licht in zwei orthogonale kombinatorische Strahlen, die die Probe mit unterschiedlicher Ausbreitungsgeschwindigkeit durchlaufen. Beim Austritt aus der Probe vereinen sich die beiden Strahlen wieder und interferieren. Wird dieser Strahl durch einen zweiten Polarisator (den Analysator) geleitet, wird die relative Phasenverschiebung der beiden Strahlen erkennbar. Kommt nur ein einzelner Polarisator zum Einsatz, wird dies in der Regel als linear polarisiertes Licht (PPL) bezeichnet; bei Verwendung eines Polarisators und eines Analysators spricht man von kreuzpolarisiertem Licht (XPL).

Das Ausmaß dieser Verschiebung ist abhängig von der Orientierung der Ausbreitungsrichtung der schnellen und langsamen Wellen relativ zum (festen) Polarisator. Durch Drehen der Probe verändert sich daher der absolute Betrag der Phasenverzögerung eines bestimmten Kristalls. Wenn der Analysator eingesetzt wird und die Ausbreitungsrichtungen des Kristalls in einer Linie mit dem N-S-/O-W-Polarisatorpaar liegen, zeigt die Probe keine Doppelbrechung und der Kristall ist vollständig schwarz. Dies wird als „Auslöschung“ bezeichnet. Wird der Kristall aus dieser Auslöschungsposition heraus um 45 Grad gedreht, überlagert er die ausgesendeten polarisierten Strahlen mit seiner maximalen relativen Phasenverzögerung und zeigt damit die maximale Doppelbrechung. Aus diesem Grund wird für die Polarisationsmikroskopie häufig ein drehbarer Probentisch herangezogen: Zum einen können so Kristalle mit willkürlicher Orientierung relativ zu einem fixierten Polarisatorpaar neu ausgerichtet werden, sodass die maximale Doppelbrechung sichtbar wird, und zum anderen können die relativen Orientierungen der Auslöschung (und der maximalen Doppelbrechung) zum makroskopischen Kristallhabitus analysiert werden.



Eine der größten Herausforderungen bei der Beurteilung von geologischen Systemen ist der Maßstab. Alle Gesteine sind äußerst heterogen. Wenn also einzelne Strukturen in hoher Auflösung analysiert werden, geht der makroskopische Kontext oft verloren. Eine Lösungsmöglichkeit, die hier greift, ist beispielsweise die großmaßstäbliche Digitalisierung: Dabei werden viele überlappende Einzelbilder erfasst und dann wie ein Mosaik zu einem großen Bild zusammengefügt. So können große Bereiche ohne Einbußen bei der Auflösung beurteilt werden. Die Integration in die Polarisationsmikroskopie wirft allerdings erhebliche Schwierigkeiten auf: Einerseits entfällt die Verwendung des Drehtischs, anderseits müssen alle Aufnahmekanäle räumlich registriert werden.

Technologien

Damit ein Mosaik hochauflösender Bilder auf einer Fläche mit der Größe eines Dünnschliffs aufgenommen werden kann, bedarf es eines extrem reproduzierbaren XY-Scanningtischs mit geeigneter Fokusebene in Z-Richtung. Solche Komponenten sind durchaus erhältlich, doch die Kombination mit der nötigen Darstellung der Probe in mehreren Orientierungen relativ zum Polarisatorpaar ist noch einmal eine besondere Herausforderung.

Wie bereits dargelegt, arbeitet ein herkömmliches Polarisationsmikroskop mit zwei fixierten Polarisatoren, die in einem Winkel von 90 Grad zueinander angeordnet sind. Ein XY-Scanningtisch ist nicht drehbar. Unter einem Standardmikroskop würde die Probe also nur in einer einzigen Polarisationsorientierung aufgenommen. Die relative Drehung des Polarisatorpaars zur Probe lässt sich jedoch auf entgegengesetzte Weise erreichen: Das Polarisator-Analysator-Paar wird relativ zur Probe mit fester Orientierung auf dem XY-Scanningtisch gedreht. Dazu kommen ein motorisierter Polarisator und ein gleichfalls motorisierter Analysator zum Einsatz, mit denen mehrere Datenkanäle in regelmäßigen Orientierungsintervallen aufgenommen werden (Abbildung 2). Die aufgenommenen Polarisationskanäle werden dann relativ zueinander räumlich registriert, damit keine räumliche Verschiebung sichtbar ist, wenn die Polarisationsorientierung verändert wird. Somit entsteht ein korrelierter Stapel kreuzpolarisierter Bilder (sogenannte Multipol-Bilder), die jeweils durch einen festen Winkel (z. B. 15 Grad) voneinander getrennt sind. Dieser Stapel lässt sich in das digitale Gegenstück zur physischen Tischdrehung konvertieren, sodass die Mehrheit der Daten erhalten bleibt, die mit einem herkömmlichen Mikroskop gewonnen würden.



Der oben beschriebene Multipol-Bildstapel ist einem traditionellen Mikroskop nachempfunden. Die Datenmenge, die aus einem einzelnen Bild gezogen werden kann, lässt sich dabei am einfachsten mit der Zirkularpolarisation maximieren. Hierzu werden zwei Lambda-viertel-Platten in einem Winkel von 45 Grad zum Polarisator bzw. zum Analysator eingeschoben (Abbildung 3). In dieser Anordnung zeigen die beleuchteten doppelbrechenden Kristalle ihre maximale Doppelbrechung unabhängig von ihrer Orientierung relativ zum Polarisator-Analysator-Paar.



Die Zirkularpolarisation (C-Pol) erfüllt einen anderen Aspekt für die Datenanalyse als der Multipol-Bildstapel. Die Verwendung eines einzigen kreuzpolarisierten Bildes hat den Vorteil, dass weniger Daten erfasst werden müssen und eine einzigartige Methode für die Phasenunterscheidung entsteht. Im Hinblick auf Digitalisierung beispielsweise ist die Bildanalyse und -segmentierung mit Lichtmikroskopie eher frustrierend: Ein und dasselbe Mineral kann unter XPL eine uneinheitliche Doppelbrechung oder Auslöschung zeigen. In der C-Pol wird ein Mineral dagegen einheitlicher dargestellt, unabhängig von seiner Orientierung in der Probe (Abbildung 3).

Die C-Pol-Technik kann daher im Zusammenspiel mit der Multipol eingesetzt werden, je nach den Anforderungen und Arbeitsabläufen der Anwender. Während die C-Pol optimale Möglichkeiten für die Segmentierung digitaler Bilder eröffnet, zeigen die Rotationsdaten im Multipol-Stapel die Orientierung einzelner Auslöschungswinkel, die Orientierung relativ zu angrenzenden Körnern und die undulösen Auslöschungseigenschaften.

Die Untersuchung des Pleochroismus, also des Farbwechsels in einem Mineral, der durch die veränderte Orientierung des Polarisators ohne Analysatornutzung (PPL) bedingt ist, kann ähnlich zu einer XPL-Untersuchung durchgeführt werden. Mehrere Kanäle werden in unterschiedlichen Orientierungen des Polarisators relativ zur Probe erfasst, wobei die maximalen potenziellen Veränderungen bei 180 Grad erkennbar werden statt bei 90 Grad wie bei der Doppelbrechung (Abbildung 4). Die optischen Daten können so erfasst werden, dass die PPL und XBL über das Äquivalent einer vollen Tischrotation korreliert sind.



Mehrkanal-Abtastung und -Registrierung

Die digitale Bildgebung im Allgemeinen und die großmaßstäbliche Probendigitalisierung im Besonderen stellen die herkömmliche Mikroskopie bei der inkrementellen Bildgebung vor erhebliche Herausforderungen. Von besonderer Bedeutung für die computergestützte Bildverarbeitung und -analyse ist die relative räumliche Orientierung der verschiedenen Aufnahmekanäle, mit denen die Probe letztlich vollständig beschrieben wird. Im einfachsten möglichen Fall werden die Komponenten im Strahlengang des Mikroskops zwischen den einzelnen Aufnahmen umgestellt, sodass die Lichtverhältnisse angeglichen werden. Nachteilig daran ist, dass eventuelle Tischfehler, verstärkt durch Verschiebungen aufgrund von Abweichungen in den Mosaik-Algorithmen, signifikante Verschiebungen der scheinbaren Strukturpositionen zwischen den Kanälen hervorrufen. Für eine manuelle Betrachtung mag dies noch hinnehmbar sein, da das menschliche Gehirn die beobachteten Strukturen in einem Kanal mit Strukturen aus einem anderen Kanal korreliert. Bei der computergestützten Verarbeitung und Analyse eines Bildstapels dagegen können diese Verschiebungen die resultierenden Interpretationen signifikant verfälschen (Abbildung 5).



Wenn ein automatisierter oder motorisierter Polarisator/Analysator verfügbar ist, können auch die Komponenten im Strahlengang des Mikroskops zwischen den einzelnen Bildern im Mosaik-Scan umgestellt werden. Damit wird die Verschiebung zwischen den verschiedenen Bildkanälen erheblich eingedämmt, da der Tisch zwischen den Kanälen für ein Einzelbild nicht bewegt werden muss. Diese Methode ist bei der Fluoreszenzmikroskopie im Bereich der Biowissenschaften weit verbreitet, bei denen häufig verschiedene fluoreszierende Färbungen für verschiedene funktionelle Objekte herangezogen werden. In diesen Fällen gibt es nur wenig bis gar keine wechselseitigen Informationen zwischen den einzelnen Bildkanälen, sodass die Ausrichtung der Kanäle nach der Aufnahme äußerst anspruchsvoll und problematisch ist. Außerdem erhöht sich der Zeitaufwand dabei erheblich: Für jedes Einzelbild im Mosaik (potenziell Tausende an der Zahl) muss zusätzliche Zeit für die Umstellung der Komponenten im Mikroskop eingeplant werden. Auch der mechanische Verschleiß des Systems wird beschleunigt (das System muss zahllose Bewegungen ausführen) und die Verschiebungen zwischen den Kanälen werden nicht vollständig beseitigt. Daneben können die unterschiedlichen Komponenten im Strahlengang kleine sichtbare Verschiebungen hervorrufen, obwohl die Probe oder der Tisch selbst nicht bewegt werden.

Ein neuartiges Konzept ist insbesondere für die Polarisation relevant: die Registrierung der Kanäle nach der Aufnahme mithilfe von Machine-Learning-Techniken (künstliche Intelligenz, KI). Diese Methode ist insbesondere für die Polarisationsmikroskopie von Interesse. In jeder Bildgebungskonfiguration wird grundsätzlich dieselbe Struktur aufgenommen, sodass große Mengen an wechselseitigen Informationen zwischen den Kanälen erfasst werden (z. B. zwischen Hellfeld und gekreuzten Polaren oder auch zwischen gekreuzten Polaren mit unterschiedlicher Orientierung). So entsteht eine nahezu perfekte Registrierung zwischen den Aufnahmekanälen (Abbildung 6) und damit die Grundlage für eine äußerst aussagekräftige computergestützte Bildanalyse.



ZEISS Axioscan 7

ZEISS Axioscan 7 ist die ultimative Digitalisierungslösung für die Polarisationsmikroskopie. Das System vereint die automatisierte Hochleistungsverarbeitung von Objektträgern mit einzigartigen Bildgebungsbedingungen, sodass geologische Proben zuverlässig und gleichzeitig mit hohem Durchsatz digitalisiert werden können. Es können bis zu 50 geologische Standardproben im Format 1" × 2" bzw. bis zu 100 Standardproben im Format 25 mm × 75 mm geladen werden. Die straffe, profilgestützte Aufnahmesoftware sorgt für eine sich wiederholende und konsistente Bildgebung. Mit dem motorisierten Polarisator und dem gleichfalls motorisierten Analysator lassen sich sowohl Doppelbrechungen als auch Pleochroismus untersuchen.

Hochwertige, automatisierte Tools für die Kanalregistrierung sind direkt in die Datenerfassung integriert, wodurch alle Bildkacheln in einem Kanal ohne fehlerhafte Kanalausrichtung aufgenommen werden können. Somit steht auch die einzigartige Zeilenabtastung im Hellfeld, mit linearer Polarisation und mit Kreuzpolarisation zur Verfügung. In diesem Aufnahmemodus werden statische Bilder für das Mosaik während fortlaufender Bewegung der Probe aufgenommen, die dabei in äußerst rascher Abfolge mittels Stroboskop beleuchtet wird. In herkömmlichen Aufnahmemodi wird die Probe dagegen vor der Bildaufnahme angehalten und herkömmlich beleuchtet. Dank dieser einzigartigen Funktion des Axioscan 7 können die Bilder bis zu 10-mal schneller als mit herkömmlichen Modi aufgenommen werden.