Dank mikroskopischer Untersuchungen von Honig und Pollen – der Melissopalynologie – können die Art des Pollens bestimmt, Blüten- und Honigtauhonig voneinander unterschieden sowie etwaige Verunreinigungen detektiert werden.

Einführung

Die Pollenanalyse oder auch Palynologie hat besonders in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen:

  • • Rund 30 Millionen deutsche Allergiker dürfte es interessieren, wenn ihnen die Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst (PID) die zu erwartende Flugpollenkonzentration (Abbildung 1) darlegt.
  • • Forscher aus der Archäologie, Forensik und den Geowissenschaften können wertvolle Rückschlüsse aus Pollenfunden ziehen.
  • • Die Bestäubung von landwirtschaftlich genutzten Feldern kann mit Hilfe der Pollenanalyse nachgeprüft, frühzeitiges Handeln in die Wege geleitet und ökonomische Verluste vermieden werden.
  • • Im Rahmen des Verbraucherschutzes werden Pollenanalysen von Honig durchgeführt. Ziel ist es, Qualität, Herkunft und Sortenreinheit von Bienenhonig zu bestimmen. Verbraucher werden so vor Falschaussagen sowie etwaigen Verunreinigung oder allergieauslösenden Bestandteilen in Honigprodukten geschützt.




Diesem letzten Punkt – der Melissopalynologie – widmet sich die vorliegende Application Note.

Funktion und Aufbau von Pollen

Die Pollenkörner, meist als Pollen oder auch Blütenstaub bezeichnet, sind die männlichen Keimzellen der Pflanze.

Das Staubblatt ist das männliche Organ der Blüte (Abbildung 3) und besteht aus dem Staubfaden und dem Staubbeutel. Der Staubbeutel enthält meist 4, miteinander verbundene Pollensäcke, in denen die Pollenkörner gebildet werden. Nach der Pollenreifung reißt der Pollensack auf und gibt diese frei. Da die Pflanzen zu unterschiedlichen Zeiten blühen, findet man deren Pollen in der Luft nur zu diesen Zeiten und entsprechende Pollen auch im Honig.



Die äußere Hülle des Pollenkorns wird als Exine bezeichnet. Sie schützt das Pollenkorn vor Zersetzung durch biologische und chemische Faktoren und ermöglicht so eine lange Haltbarkeit. So können Pollen zum Beispiel auch im Honig lange erhalten bleiben und nachgewiesen werden. Auf der äußeren Hülle sitzen individuelle Skulpturen wie zum Beispiel Stacheln, Warzen, Stäbchen, Keulen oder Rillen. Die meisten Pollenkörner besitzen weitere charakteristische Merkmale wie Keimfalten oder Keimporen, die eine Identifizierung der Pollensorte theoretisch ermöglichen. Das sind kleine Öffnungen in der Pollenwand, aus denen dann der Pollenschlauch aus dem Pollenkorn hinauswachsen kann. Unter der Exine befindet sich die innere Schicht, die Intine. Diese umhüllt das Zellplasma mit den funktionalen Zellbestandteilen (Abbildung 4).

Je nach ihrer Funktion können Pollenkörner trocken oder klebrig sein. Während windbestäubte Pflanzen meist trockenen Pollen aufweisen, zielen klebrige Pollenkörner auf das Transportmittel Insekt (Abbildung 5). Die Klebrigkeit stammt von einer Beschichtung mit öligen Lipiden, dem sogenannten Pollenkitt, der für die Haftung an Hummeln und Bienen sorgt.



Von der Biene zum Honig

Honig ist ein Naturprodukt und seit Jahrtausenden ein wertvolles Lebensmittel. Die Honigverordnung definiert Honig als natursüßen Stoff, der von Bienen erzeugt wird. Dabei nehmen die Bienen Nektar oder andere Sekrete von Pflanzen auf, fügen eigene spezifische Stoffe wie Enzyme hinzu und lagern sie zur Reifung in Waben ein (Abbildung 6).

Honig besteht also im Wesentlichen aus verschiedenen Zuckerarten (Fruktose und Glukose), organischen Säuren, Enzymen und beim Nektarsammeln aufgenommenen festen Partikeln. Die Pollen gelangen vorrangig in den Nektar, während die Honigbiene diesen von den Blüten sammelt. Die Pollen bleiben an den Beinen und im Haarkleid der Biene kleben und gelangen so in die noch unverdeckelte Honigwabe.


Differenzierung von Honig

In Sortenhonigen wie zum Beispiel Rapshonig sind fast ausschließlich Pollen der gleichen Sorte zu erkennen. Sortenreine Honige entstehen, indem sich ein Bienenvolk beim Sammeln der Rohstoffe weitestgehend auf nur eine Pflanzenart konzentriert. In Wald- und Blütenhonigen finden sich dagegen viele verschiedene Pollensorten.

Blütenhonige weisen einen höheren Glukosegehalt auf. Glukose weist im Vergleich zu Fruktose eine geringere Löslichkeit in Wasser auf, weshalb Blütenhonige schnell auskristallisieren. Die Kristallstruktur ist unter dem Mikroskop deutlich zu erkennen.

Im Waldhonig ist im Allgemeinen der Fruktosegehalt höher, was dazu führt, dass Waldhonig meist flüssig bleibt. Im Waldhonig lassen sich neben Pollen auch andere Partikel wie Sporen von Pilzen, Algen und Hefen finden. Sie gelangen hauptsächlich über den Honigtau in den Honig.



Honigtauhonig stammt meist nicht aus Blütennektar, sondern überwiegend aus anderen pflanzlichen Sekreten und von Sekreten von Insekten.

Honiganalyse

Notwendigkeit der Honiganalyse

Ein paar Daten und Fakten machen deutlich, warum eine Honiganalyse notwendig und nützlich ist.

Die weltweite Honigproduktion beläuft sich auf über 1,8 Millionen Tonnen. Die Europäische Union ist nach China der zweitgrößte Honigproduzent weltweit und produziert jedes Jahr rund 250.000 Tonnen Honig, gefolgt von der Türkei, Argentinien und dem Iran. In der EU gibt es in etwa 650.000 Imker und über 18 Millionen Bienenstöcke. Erfreulicherweise steigt derzeit die Anzahl der Imker und Bienenstöcke in der EU. Deutschland liegt hier mit über 125.000 Imkern ganz vorne. Der Honigkonsum in Deutschland kann jedoch bei weitem nicht mit heimischen Erzeugnissen gedeckt werden. Honig ist überaus beliebt in Deutschland und somit müssen in etwa 70 % aus EU und Nicht- EU-Ländern importiert werden. Um den Honigbedarf der EU zu decken, muss annähernd 40 % an Honig zusätzlich importiert werden, größtenteils aus China, der Ukraine und Lateinamerika.

Honig stellt also einen relevanten Wirtschaftsfaktor dar, der weltweit immer wieder im Mittelpunkt von sogenannten Food- Fraud-Skandalen steht. Lebensmittelbetrug ist nichts Neues, aber die Intensität und Häufigkeit nehmen zu. Zu lesen ist von gefälschtem extra nativem Olivenöl bis hin zur vorsätzlichen Verfälschung von Gewürzen sowie der Herstellung von gefälschtem Honig. Insgesamt wird der Lebensmittelbetrug auf jährlich 40 Milliarden US-Dollar geschätzt. Einigen Quellen nach zu urteilen, nimmt Honig dabei den ersten Platz unter den Fälschungen ein https://focusonfoodsafety.wordpress.com/2018/09/18/food-fraud-fake-honey/

Gepanschter Honig ist offensichtlich ein großes Geschäft. Und Honig ist eines der am häufigsten falsch etikettierten Lebensmittel auf der ganzen Welt. Da Honig als reines Naturprodukt deklariert ist, sind Zusätze nicht erlaubt. So ist zum Beispiel die Fütterung der Bienen mit Zucker oder Sirup zur Herstellung von Honig verboten. Ebenso dürfen Honig keine honigeigenen Stoffe entzogen oder andere Stoffe zugesetzt werden. Trachtangaben wie Rapshonig oder Sonnenblumenhonig dürfen nur verwendet werden, wenn der betreffende Honig überwiegend (> 50 %) den genannten Blüten oder Pflanzen entstammt und mikroskopische, organoleptische sowie physikalisch-chemische Merkmale aufweist (Quelle: Honigverordnung).

In der Realität werden Honige, insbesondere Importhonige, jedoch häufig mit billigen Süßungsmitteln wie Reissirup oder Maissirup gestreckt. Dieser Prozess, bei dem unsauberer Honig als echter Honig ausgegeben wird, wird als „honey laundering“ („Honigwäsche“) bezeichnet.



Die geografische Herkunft wird zudem häufig verschleiert, um Einfuhr- bzw. Strafzölle zu umgehen. Hierbei werden die Produkte über andere Länder eingeführt und unter falscher Flagge in das Zielland geschleust. Oftmals werden dabei den Honigen über Filtration die Pollen entzogen, um die mikroskopische Pollenanalyse zur Nachvollziehbarkeit des Ursprungslands des Honigs zu erschweren.

So wurde ein Großteil des in den Vereinigten Staaten verkauften Honigs von Experten für Lebensmittelgesundheit und -sicherheit untersucht und festgestellt, dass er größtenteils aus Süßstoffen, unraffiniertem Zucker, Maissirup und lediglich einer winzigen Menge echten Honigs besteht. Ein relativ neuer Skandal brach Mitte 2018 aus, als Forscher feststellten, dass fast die Hälfte des in australischen Supermarktregalen verkauften Honigs gefälschter Honig war. Dabei enthielt der aus Asien importierte Honig sogar noch mehr Gräuel wie z.B. Metallgifte und Antibiotika.

Es handelt sich also um ein weltweites Phänomen – im Zuge der steigendenden Globalisierung ist das auch nicht überraschend.

Quelle: https://www.europarl.europa.eu/news/de/headlines/ economy/20180222STO98435/wichtige-zahlen-zum-honigmarkt- in-europa-infografik

Normierung

Grund genug, qualitative und quantitative Eigenschaften von Honig vor allem im Sinne der Lebensmittelsicherheit regelmäßig anhand bestimmter Normen zu analysieren und damit die Richtigkeit botanischer oder regionaler Herkunftsangaben zu prüfen. Diesem Thema widmen sich weltweit Organisationen und Behörden. In den USA ist es zum Beispiel die American Beekeeping Federation, die die US-Produzenten von nichtultrafiltriertem Honig vertritt. Sie beantragte bei der FDA die Schaffung eines "Identitätsstandards" für Honig, im Grunde eine detaillierte Definition, die rechtliche Standards festlegt.

In Deutschland unterliegen die Imkereiprodukte ebenfalls strengen Auflagen und Kontrollen. Entsprechende Vorgaben finden sich in der DIN 10760 und der Honigverordnung. Nach der Honigverordnung, die seit dem 29. Januar 2004 vom Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft unterzeichnet und in Kraft getreten ist, muss Honig bestimmten Analysen unterzogen werden, um Aufschluss über Bestandteile, sowie geografische und botanische Herkunft zu erhalten. In Deutschland unterliegen die Imkereiprodukte strengen Auflagen und Kontrollen, die von den Länderinstituten für Bienenkunde (LIB) durchgeführt werden. Hierzu werden qualitative und quantitative Pollenanalysen durchgeführt. Diese sind sehr kostenintensiv und zeitaufwendig, da geschulte Mitarbeiter manuell Pollen in Präparaten auszählen und bestimmen müssen.

Untersuchungsprozess

Um einen Honig vollständig zu charakterisieren sind verschiedene Analysen notwendig. Die Analysen untergliedern sich in drei Klassen:

  • • Sensorische Analysen: bei der Sensorischen oder Organoleptischen werden unter anderem Farbe, Geruch und Geschmack untersucht.
  • • Chemisch-physikalische: bei der chemisch-physikalischen Untersuchung werden beispielsweise Wassergehalt, Invertase- Aktivität und das Zuckerspektrum gemäß entsprechender DI-Normen analysiert.
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  • • Mikroskopische Analysen: Die mikroskopische Analyse umfasst primär die Pollenanalyse und liefert weitere Erkenntnisse zu Sedimentbestandteilen, zu diesen auch Hefen und Stärke zählen.

Durchschnittlich sind 5000 Pollenkörner in 1g Honig enthalten. Das macht einen mittleren Anteil von ca. 0,02 g Pollen pro 100 g Honig bzw. 0,02 % aus. Die meisten Pollen sind zwischen 20 und 80 μm groß, was eine mikroskopische Analyse bedingt.

Die mikroskopische Untersuchung des Honigs liefert weiterhin Erkenntnisse über enthaltene Partikel und einen Eindruck über die unterschiedlichen Kristallisationsgrade verschiedener Honige.

Die Pollenanalyse erfolgt nach DIN 10760 und ermöglicht, die geografische und botanische Herkunft des Honigs zu beurteilen. Der Nachweis der geografischen Herkunft ist insbesondere wichtig bei Importhonig, um den oben beschrieben Fälschungen nachzugehen, aber auch für bestimmte Bezeichnungen wie das Qualitätsmerkmal „Echter Deutscher Honig“, der frei von Pollen sein muss., der nicht aus Deutschland stammt. Die botanische Bestimmung entscheidet über die Sortenreinheit des Honigs. So muss ein sortenspezifischer Prozentsatz des Pollens nachgewiesen werden, damit der Honig die entsprechende Bezeichnung tragen darf. Bei Akazienhonig beispielsweise müssen mindestens 20 % Robinienpollen vorhanden sein; um die Bezeichnung Rapshonig tragen zu dürfen sind dagegen mindestens 80 % Rapspollen nachzuweisen. Die unterschiedlichen Prozentsatzgrenzen hängen mit der natürlichen Pollenrepräsentanz zusammen. Robinienpollen sind natürlicherweise unterrepräsentiert, daher die vermeintlich geringe Pollenhäufigkeitsgrenze von 20 %. Für die Pollenanalyse von Honig sind dabei vorwiegend Leit- und Begleitpollen von Interesse.






Probenpräparation zentrifugierter Honig

Der Honig wird entsprechend seiner Zähigkeit eingewogen und in destilliertem Wasser gelöst. Dabei gilt ungefähr die Faustregel, dass je 10 g einer Honigsorte 20 ml destilliertes Wasser benötigt werden. Die Lösung wird zirka 15 Minuten bei 3500 Umdrehungen pro Minute zentrifugiert. Anschließend werden ungefähr 2 × 2 cm des Bodensatzes mit Hilfe einer Pipette auf einen Objektträger aufgetragen. Das sollte einer maximalen Menge von 0,5 ml entsprechen. Zur kurzfristigen Begutachtung wird ein Deckglas mit seiner Kante an den Rand des Wassertropfens angesetzt und seitlich darauf gekippt. Zur längerfristigen Untersuchung bzw. Aufbewahrung der Probe wird anstelle des letzten Schrittes das Präparat auf einer Heizplatte eingetrocknet und mit Gelatine eingedeckelt. Anschließend können die verschiedenen Honigproben mikroskopiert werden.

Mikroskopische Analyse

Zur Pollenidentifikation werden die Pollen mit dem Lichtmikroskop analysiert. Üblicherweise wird hierfür ein aufrechtes Mikroskop mit Hellfeldkontrast verwendet. Die Form, Größe und Oberflächenstruktur der Pollenkörner sind je nach Gattung oder Familie sehr unterschiedlich ausgestaltet und darum wichtig für die pollenanalytische Differenzierung. Mittels der mikroskopischen Untersuchung des Pollenkorns kann somit oft die dazugehörende Pflanze oder wenigstens deren Familie bestimmt werden. Eine Herausforderung hierbei ist, dass die Skulpturen, aber auch andere Merkmale wie die Keimöffnungen, je nach Lage im Präparat sehr unterschiedlich im Lichtmikroskop erscheinen. Daher ist es unabdingbar, dass man sich die Pollen in verschiedenen Fokusebenen ansieht, um ein „vollständiges Bild“ des Pollens zu erlangen. Bei einem Honigpräparat werden die Pollen meist mit 400-facher Vergrößerung in den ersten drei bis fünf Gesichtsfeldern untersucht und bestimmt. Sind die Pollen definiert, kann mit der Zählung begonnen werden. Hierzu wechselt man häufig in eine 200- oder sogar 100-fache Vergrößerung.



Im Falle von unbekannten Pollen oder Schwierigkeiten bei der Bestimmung kann auch in höhere Vergrößerungen mit einem 63× oder 100× Objektiv gewechselt werden. Nach DIN müssen mindestens 500 Pollen ausgezählt werden, wobei üblicherweise alle 100 Pollen eine prozentuale Verteilung berechnet wird. Sind die Verteilungsschwankungen zu breit, werden ggfs. auch mehr Pollen ausgezählt. Bei der Zählung ist wichtig, die nektarlosen Pollen separat mitzuzählen und zu bestimmen. Darüber hinaus werden Hefe- und Stärkegehalt ermittelt sowie weitere Strukturen bzw. Verunreinigungen notiert. So eine mikroskopische Pollenanalyse ist zeitintensiv und kann schnell mal ein bis zwei Stunden in Anspruch nehmen.



Zusammenfassung

Honig ist ein Naturprodukt. Die Richtigkeit botanischer oder regionaler Herkunftsangaben kann mit Hilfe der Pollenanalyse überprüft werden, denn entsprechend der Sammeltätigkeit der Bienen sind entsprechende Anteile von Pollen im Honig enthalten und damit im mikroskopischen Präparat sichtbar. Über die mikroskopische Analyse ist auch eine Unterscheidung von Blüten- und Honigtauhonig möglich. Durch die Mikroskopie werden ferner Verunreinigungen wie zu viele Hefen oder Stärke, die nicht in den Honig gehören, sichtbar. Bei der mikroskopischen Analyse werden zunächst alle Pollen identifiziert und ihren Pflanzen zugeordnet. Dazu sind umfangreiche Kenntnisse von Pflanzen und ihren Pollen erforderlich, um letztere voneinander unterscheiden zu können. Als Vergleich dienen eigene Pollensammlungen oder Pollendatenbanken. Im zweiten Schritt werden Pollen ausgezählt und der prozentuale Anteil der verschiedenen Pollentypen bestimmt. Darüber wird Sortenreinheit eines Honigs definiert.