Einleitung

Gesinterte Permanentmagnete auf Fe-Nd-B-Basis stellen derzeit die stärksten Permanentmagnetwerkstoffe mit einem hohen maximalen Energieprodukt von (BH)max = 450 kJ/m³ dar [1]. Für die ausgezeichneten extrinsischen Eigenschaften (Remanenz JR = 1,4 T, Koerzitivfeld Hc = 1164 bis 1302 kA/m) ist die Kombination von hervorragenden intrinsischen Eigenschaften der eingesetzten Hartmagnetphase Fe14Nd2B (Sättigungspolarisation Js= 1,6 T, magnetokristalline Anisotropiekonstante K1 = 4,3 MJ/m³) und eine weitestgehend optimierte Mikrostruktur verantwortlich. Aufgrund dieser herausragenden materialintrinsischen Eigenschaften werden sie bei Rotoren von elektrischen Generatoren und Motoren unterschiedlicher Größenordnung eingesetzt, um für eine effiziente Energiewandlung zu sorgen. Der ressourcenschonende Einsatz von Seltenerdmetallen wie Neodym ist bei der Herstellung von Sintermagneten wegen des hohen Produktionsvolumens (geschätzter Stand 2020: 17 Mrd. US$ [2]) von großer Bedeutung und erfordert genaue Kenntnis des Prozesses und Kontrolle des erreichten Ergebnisses. Die magnetischen Eigenschaften eines Fe-Nd-BSintermagneten hängen empfindlich von der Zusammensetzung (Anteil der Hartmagnetphase, nicht-magnetischen Phasen/Verunreinigungen) und dem Aufbau des Sintergefüges (Korngröße, Verteilung von Korngrenzenphasen zwischen hartmagnetischen Körnern) ab. Zudem spielt die anisotrope Orientierung der magnetischen Körner (Textur und Ausrichtungsgrad) eine bestimmende Rolle für die erreichbare Remanenz und somit das maximale Energieprodukt. Der Herstellungsprozess wird im nachfolgenden Kapitel beschrieben. Lichtmikroskopische Untersuchungen in Hellfeldbeleuchtung ermöglichen die qualitative Beurteilung der Zusammensetzung und des Aufbaus des Gefüges in Bezug auf Verteilung der Korngrenzenphasen um die magnetischen Körner herum und das Vorhandensein von nichtmagnetischen Phasen und Verunreinigungen wie z.B. Oxiden. Polarisationslichtaufnahmen sind eine effektive Methode für die Beurteilung der Textur des Magneten. Mit dem magnetooptischen Kerr-Effekt lassen sich magnetische Domänenstrukturen in den einzelnen Körnern visualisieren, welche wiederum Rückschlüsse auf die Orientierung der Körner ermöglichen. Die Möglichkeiten der lichtmikroskopischen Gefügeuntersuchung werden an zwei kommerziellen Fe-Nd-B-Sintermagneten mit identischer Zusammensetzung aufgezeigt, die in unterschiedlichen Ausrichtungsgraden vorliegen.

2. Grundlagen Gefügestruktur und magnetische Domänenstruktur

Das Gefüge von Fe-Nd-B-Magneten besteht aus polyederförmigen μm-großen Körnern der hartmagnetischen Fe14Nd2BPhase. Die Körner besitzen eine einachsige Kristallanisotropie und sind durch seltenerdmetallreiche Zwischenphasen umgeben. Die ideale Gefügestruktur eines Sintermagneten ist in Abbildung 1a) dargestellt. Dabei sind die hartmagnetischen Körner gleich groß, geometrisch gleich verteilt und aufgrund der gleichmäßigen Umschließung der Körner durch seltenerdmetallreiche Zwischenphasen magnetisch voneinander entkoppelt. Der reale Gefügeaufbau weicht hiervon jedoch ab. Das Sintergefüge eines ausgerichteten (anisotropen) Magneten im entmagnetisierten Zustand ist schematisch in Abbildung 1b) dargestellt, erkennbar an den multiplen Domänen mit entgegengesetzter Polarisation innerhalb einzelner Körner. Nach vollständigem Aufmagnetisieren durch Anlegen sehr großer Magnetfelder liegen die Fe14Nd2B-Körner als nahezu ideale Ein-Domänen-Partikel vor (Abbildung 1c).

Abbildung1 a) Gefüge eines idealen Sintermagneten mit einachsiger Domänenorientierung. b) Schematische Darstellung der Domänenstruktur eines ausgerichteten Fe-Nd-B-Sintermagneten im nicht magnetisierten Zustand. Nach einmaligem Aufmagnetisieren mit genügend gr In Abbildung 2a) ist die Hellfeldaufnahme des Gefüges eines nicht ausgerichteten (isotropen) Fe-Nd-B Sintermagneten gezeigt. Deutlich zu erkennen sind die Korngrenzenphasen, die aus freiem Neodym und binären/ternären Nd-reichen Phasen zusammengesetzt sind. Da Seltenerdmetalle oxidationsanfällig sind, sind auch Oxide im Gefüge vorhanden, die hier ebenfalls zu erkennen sind. Charakteristisch für magnetische Materialien mit einachsiger Kristallstruktur ist das Auftreten von Domänen. Dies sind Bereiche, in denen die Magnetisierung in einachsiger Richtung verläuft. Mit dem magneto-optischen Kerr-Effekt kann unter Belichtung mit linear polarisiertem Licht die Orientierung der Magnetisierung innerhalb der Körner sichtbar gemacht werden. In der Polarisationslichtaufnahme Abbildung 2b) tritt die Domänenstruktur des Gefüges zu Tage. Man unterscheidet zwischen Streifendomänen und Abschlussdomänen, bei denen die Magnetisierung innerhalb der Bildebene bzw. senkrecht zur Bildebene verläuft. Liegt die geometrische Orientierung der Kristallanisotropieachse eines Korns zwischen diesen Richtungen, besitzen die Domänen Merkmale beider Domänentypen. Da es sich um einen nicht ausgerichteten Magneten handelt, ist die Orientierungsverteilung der Kristallanisotropieachse über einen makroskopischen Bereich hinweg isotrop. Die enthaltenen Körner zeigen daher sowohl Streifen-, Abschlussdomänen als auch Mischformen.
Abbildung1a Abbildung1b Abbildung2 Gefügeaufbau und Domänenstruktur eines isotropen Sintermagneten in (a) Hellfeld- und (b) Polarisationslichtaufnahme. Die Richtung der Magnetisierung in einem Korn liegt senkrecht bzw. innerhalb der Bildebene bei Auftreten von Abschluss- bzw. Streifendomänen. Aus der Domänenorientierung kann auf die Kornorientierung geschlossen werden.

Herstellungsprozess

Beim Sinterverfahren wird eine Ausgangslegierung zu feinem Pulver gemahlen, das Pulver im Magnetfeld gepresst und der Grünling anschließend bei ca. 1000°C unter Schutzgas versintert sowie bei moderater Temperatur von 550°C ausgelagert. Der Wärmebehandlung kommt eine wichtige Rolle zu, da sich dabei metastabile Gefügebestandteile unter signifikanter Erhöhung der Koerzitivkraft des Magneten in thermodynamisch stabile Phasen umwandeln [3]. Abschließend wird der Magnet im externen Magnetfeld einmalig aufmagnetisiert. Beim Pressen können verschiedene Pressmethoden zum Einsatz kommen, die sich bezüglich Anordnung von Feldrichtung H zu Pressrichtung p unterscheiden. Im Idealfall werden die Körner dabei mit ihrer magnetischen Anisotropieachse genau parallel entlang der Feldrichtung ausgerichtet. Im Folgenden wird nur auf die axiale (H ║ p) und transversale (H ┴ p) Pressmethode näher eingegangen. Die axiale Pressung ist ein günstiges Verfahren, mit dem Magnete kontournah hergestellt werden können. Mit der transversalen Pressung können ähnliche Formgebungen erreicht werden, jedoch mit verbesserter Ausrichtung der Körner. Abbildung3 Schematische Darstellung der Anordnung der Richtung des magnetischen Feldes H und der Richtung des Pressdrucks p beim Ausrichten/ Pressen des Sinterpulvers. Dargestellt ist a) die axiale und b) transversale Pressung.

3. Experimentelles Probenauswahl

In dieser Untersuchung wurden kommerziell verfügbare Fe-Nd-B Sintermagnete der VACUUMSCHMELZE GmbH & CO.KG verwendet. Dabei sind drei unterschiedliche Ausführungen mit jeweils axialer und transversaler Pressung sowie einem isotropen Magneten ausgewählt worden. Die ausgerichteten Magnete wurden parallel zur Vorzugsrichtung getrennt, um das Streifendomänenmuster beurteilen zu können. Die materialographische Präparation der Proben wurde aufbauend auf einem klassischen mechanischen Schleif- und Polierprozess durchgeführt. Die Endpolitur erfolgte mit einer 0,2 μm-Silica- Suspension, um ein möglichst artefaktfreies Gefüge einzustellen.

Hardware und Bildaufnahme

Die Bildaufnahme wurden an einem vollautomatisierten Compound-Mikroskop vom Typ ZEISS Axio Imager.Z2m in Hellfeldbeleuchtung und im linear polarisierten Licht durchgeführt. Die Ansteuerung des Mikroskops erfolgte mit der Software ZEISS AxioVision. Die Bildaufnahme erfolgte mit dem Objektiv Epiplan-NEOFLUAR 100×/1,3. Als Lichtquelle für die Polarisationslichtaufnahmen wurde eine HXP 120C mit Lichtleiter eingesetzt, um eine homogene Bildausleuchtung zu erzielen. Alternativ kann eine Colibri.2 LED-Beleuchtung dafür eingesetzt werden. Die Bildaufnahme erfolgt standardmäßig mit einer Axiocam HRc für bestmögliche Kontrastumfänge. Für die makroskopische Beurteilung der Domänenorientierung wurden aneinandergereihte Einzelaufnahmen zu einem Gesamtbild (MosaiX-Bildaufnahme 6×6 Bildkacheln) zusammengefügt. Bei der großflächigen Bildaufnahme wurde mittels erweiterter Tiefenschärfe ein einheitlich fokussiertes Bild erzeugt. Abbildung4 ZEISS Axio Imager.Z2m und Peripheriegeräte (Scanningtischsteuerung
SMC 2009, HXP 120C, Colibri.2, Hardware Auto Focus) zur Bildaufnahme in Hellfeld- und Polarisationslichtbeleuchtung. Durch Additive können die Eigenschaften eines Sintermagneten gezielt beeinflusst werden. So werden durch den Zusatz von Dysprosium die Koerzitivfeldstärke und damit die Temperaturstabilität gesteigert. Je nachdem, welche Elemente dem Magneten als Additive hinzugefügt werden, wird die chemische Zusammensetzung der Korngrenzenphasen beeinflusst, die dadurch sehr komplex werden kann. Die Kennwerte eines Magneten werden dabei sowohl von der Phasenzusammensetzung des entstehenden Gefüges als auch von den Parametern des Herstellungsprozesses (Korngröße, Art der Pressung, Stärke des ausrichtenden Magnetfelds) beeinflusst.