Wissenswertes zur Probiotik

Unter Probiotika versteht man Substanzen, die lebensfähige Mikroorganismen wie zum Beispiel Milchsäurebaktieren oder Hefen enthalten. Sie werden in Lebensmitteln und auch Arzneimitteln eingesetzt [1]. Die verschiedenen Darreichungsformen unterliegen in Deutschland unterschiedlichen Gesetzen und Zulassungsbestimmungen. Verkauft als Medikament in der Apotheke beispielsweise, müssen diese Produkte vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) untersucht und auf ihre Sicherheit hin bewertet werden. Komplizierter ist es, wenn Probiotika als Lebensmittel vertrieben werden sollen. Dabei unterliegt das Lebensmittel dem Lebensmittel- und Bedarfsgegenstande-Gesetz (LMBG) und nur in besonderen Fällen wird die Sicherheit durch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) überprüft.
    Einsatzzwecke von Probiotika
  • Wirkung bei Krankheiten
  • Einsatz als Lebensmittel
  • Einsatz bei Allergien
  • Verwendung gegen Ängste und Stress
  • Abnehmen mit Probiotika
  • Reinigung der Darmflora
Eine Expertenkommission der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinigten Nationen (FAO) haben hierzu 2002 eine Richtlinie verfasst, welche die aktuelle Definition1 der Probiotika in Lebensmitteln beschreibt: „Probiotika sind lebende Mikroorganismen, die nach Anwendung in angemessener Keimzahl eine gesundheitsförderliche Wirkung auf den Menschenausüben“.[2] gilt. Die früheren Definitionen beinhalteten nicht die Formvielfalt von Probiotika wie intestinale, vaginale oder topische. Die aktuelle hingegen reduziert sich lediglich auf „lebende Mikroorganismen“ mit einem „nützlichen Effekt“.
    Die Richtlinie beinhaltet einen Leitfaden für Lebensmittel, die als probiotisch deklariert werden sollen [2]:
  1. 1. Der Genus und die Spezies des probiotischen Organismenstamms muss bekannt sein.
  2. 2. In vitro Tests für die Unbedenklichkeit und die Eignung dieser probiotischen Organismen
  3. 3. Anforderungen zur Sicherung der Unbedenklichkeit des probiotischen Stammes und zur Wahrung der Reinkultur in ihrer Darreichungsform
  4. 4. In vivo Tests bei Tieren und Menschen zur Bestimmung der Art der gesundheitlichen Verbesserung
Abbildung 1 Langstäbchen in Joghurt
Abbildung 2 Probiotischer Joghurt, Übersicht

Die Meilensteine in der Geschichte der Probiotika 2001

  • 2001 Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen und die Weltgesundheitsorganisation (FAO / WHO) fuhren die bis heute geltende Definition von Probiotika ein: „Lebende Mikroorganismen, die nach Anwendung in angemessener Keimzahl eine gesundheitsförderliche Wirkung auf den Menschen ausüben“
  • 1980er Der erste probiotische Joghurt kommt in Europa auf den Markt
  • 1965 Der Begriff „Probiotika“ wird geprägt und erstmals verwendet
  • 1935 Das erste kommerzielle Produkt mit Milchsäurebakterien kommt in Asien auf den Markt
  • 1908 Der in der Ukraine geborene Zoologe, Mikrobiologe und Nobelpreistrager Elie Metchnikoff (1845 – 1916) schlagt vor, dass Milchsäurebakterien vorteilhafte Wirkungen entfalten konnten und es möglich sei „die Flora in unserem Körper zu modifizieren und schädliche Mikroben durch nützliche Mikroben zu ersetzen“
  • 1857 Der französische Chemiker und Mikrobiologe Louis Pasteur (1822 – 1895) entdeckt die Milchsäurebakterien

Probiotische Bakterien

Die Definition der Probiotika erfolgt durch die Gattung, die Spezies und den Stamm. Lactobacillus fermentum ist zum Beispiel ein gram-positive Bakterium (Spezies) der Gattung Lactobacillus. Der Stamm ME-3 gilt als antimikrobielles und antioxidatives Probiotikum. Die bekanntesten probiotischen Bakterien sind Bifidobakterien, Laktobazillen und Escherichia coli. Probiotische Milchsäurebakterien stellen die größte Gruppe dar, gefolgt von der Gattung der Bifidobakterium. Ihre wissenschaftliche Entdeckung erfolgte im neunzehnten Jahrhundert. Die Spezien des Genus Lactobacillus werden als sicher für die Anwendung im Lebensmittelbereich erachtet und dementsprechend verbreitet in der Fermentation von Lebensmitteln eingesetzt. Als Fermentationsprodukt wird hierbei zu uber 50 % Milchsäure produziert. Aufgrund der unterschiedlich ausgeprägten Stoffwechselwege variieren die Fermentate in ihrer Zusammensetzung und wirken sich unterschiedlich auf die resultierende Lebensmittelsicherheit und das organoleptische Empfinden des Endprodukts aus.
Abbildung 3 Fermentiertes Milchgetränk mit Lactobacillen im Dunkelfeld.
Abbildung 4 Kleine Bakterien mit dem 100× Ph3
2 E. Metchnikoff, Optimistic studies. New York: Putman’s Sons, 1908, 161–183 3 Die Zytoplasmamembran von Milchsäurebakterien ist mit einer Peptidoglykanschicht umgeben. Peptidoglykan („Murein“) ist ein Polymer, bestehend aus abwechselnden N-Acetylglucosamin (GlcNAc) und β-1-4 verknupften N-Acetylmuraminsaure (MurNAc) Resten.
Normalerweise dient diese Schicht als Ankeroberflache für andereZellmembranmolekule, wie z.B. Wandteichonsaure, Polysaccharide oder Proteine. Die Zellwand der Gram + Milchsäurebakterien wird durch die Polysaccharide in der Peptidoglykanschicht in ihrer Morphologie beeinflusst, woraus sich unterschiedlichste Auswirkungen auf die Physiologie der Bakterien ergeben. So reduziert zum Beispiel die N-Deacetylierung von GlcNAc und/oder MurNAc in L. fermentum und die 6-O-Acetylierung von MurNAc in L. casei, L. acidophilus und L. fermentumbeispielsweise die Autolyseempfindlichkeit gegenuber Lysozymen. (Dieses Enzym kommt im Menschen in vielen Sekreten (Speichel, Tränenflüssigkeit, Fruchtwasser, etc.) vor und greift die Peptidoglykanzellwand gram-positiver Bakterien direkt an). Durch die genannte Reduktion nach N-Acetylierung erreichen mehr Lactobacillen den Verdauungstrakt lebend [3, 6]. 0,01 μm 0,05 μm Die probiotische Funktion2 der Mikroorganismen lasst sich durch das Interagieren ausgeschiedener Substanzen oder der Membranoberflache mit dem Wirtsorganismus beschreiben.
Vielleicht genau aus diesem Grund lassen sich Milchsäurebakterien auch im Gastrointestinaltrakt finden. Unter den >200 Spezies (http://www.bacterio.net/lactobacillus.html) wurden bisher nur ein paar davon auf ihre probiotischen Eigenschaften hin überprüft. Der Stamm Lactobacillus acidophilus LA-5R beispielsweise aus der Chr. Hansen Sammlung von Milchkulturen gehört zu den am längsten erforschten Lactobazillen Stämme und wird seit 1979 als Probiotika in Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln eingesetzt. Seit 2007 hat die Spezies zusätzlich den Status der Qualifizierten Sicherheitsannahme QPS der Europaischen Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA bekommen. LA-5R überlebt den Weg durch den Verdauungstrakt bis zur Darmschleimhaut und zeigt eine Resistenz gegenüber Magen- und Gallensäure und Verdauungsenzymen. Lactobacillus acidophilus gehört zu den Gram-positiven nicht-sporulierenden fakultativ oder anaeroben Stäbchen. Sein natürliches Habitat ist der Darm.
Die Glukose Fermentationsprodukte sind Milchsäure, Essigsäure und H2O2. Diese Stoffwechselprodukte verringern das Wachstumspotential pathogener Keime [3]. In den letzten Jahrzehnten sind viele probiotische Milchsäurebakterien untersucht worden. Für das persönliche Wohlbefinden, wie eine gesundere und schönere Haut, Gewichtsreduzierung und Anti-Stress-Behandlungen, werden bereits viele Produkte hergestellt oder sind in der Entwicklungsphase.
Abbildung 5 Beispielzeichnung von Bakteriellen Zellwänden. In die als Ankeroberfläche dienende Peptidoglykanschicht sind diverse funktionale Moleküle eingebaut.
[7]

Empfohlene Mikroskopausstattung

Typischerweise wird das handelsübliche Produkt (Joghurt /fermentiertes Getränk) mit physiologischer Kochsalzlösung etwas verdünnt (z.B. 1:5). Etwa 10 μl werden auf einen Objektträger gegeben und mit einem Deckgläschen (0,17 mm) gedeckelt.
Eventuell überstehende Flüssigkeit wird vorsichtig am Rande aufgenommen. Idealerweise lässt man das Präparat eine angemessene Zeit zur Ruhe kommen. Um die bakteriellen Variationen möglichst umfänglich zu erfassen, ist ein aufrechtes Durchlichtmikroskop wie zum Beispiel ZEISS Axio Lab.A1 zu empfehlen Das Mikroskop sollte mit Dunkelfeld und Phasenkontrast ausgestattet sein. So kann man zum Beispiel mit dem ZEISS achromatisch-aplanatischen Kondensor neben Hellfeld auch Dunkelfeld und Phasenkontrastbilder aufnehmen.
Da man lebende Organismen betrachtet, sollten die hierfur typischen Phasenkontrast-Objektive eine gute Qualität haben. Je nach Bakterium kann ein ZEISS N-Achroplan 40× / 0,65 Ph2 oder ZEISS N-Achroplan 100× / 1,25 Ph3 Oil Objektiv genutzt werden. Sofern auch eine Bilddokumentation erfolgen soll, ist eine Kamera zu wählen, die durch eine gute Dynamik und angepasste Auflösung die Bakterien sinnvoll darstellen kann (z.B. ZEISS Axiocam 305 color).

Literatur:

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Probiotikum

[2] FAO / WHO, Guidelines for the Evaluation of Probiotics in Food: Joint FAO / WHO Working Group meeting. 2002: London Ontario, Canada.

[3] Lee, Y.K. and S. Salminen, Handbook of probiotics and prebiotics. second ed. 2009.

[4] Gibson, G.R. and M.B. Roberfroid, Dietary Modulation of the Human Colonic Microbiota: Introducing the Concept of Prebiotics. American Institute of Nutrition, 1995. 125(6): p. 1401 – 1412.

[5] Blatchford, P., et al., Prebiotic mechanisms, functions and applications – a review. International Journal of Probiotics and Prebiotics, 2013.

(4): p. 109 – 132.

[6] Venema, K. and A.P. do Carmo, Probiotics and Prebiotics: Current Research and Future Trends. 2015, Norfolk, UK: Caister Academic Press.

[7] http://docplayer.org/docs-images/27/10710454/images/2-0.jpg

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